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Parkbank
Foto von freestocks.org auf Unsplash
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Kein Vater, keine Mutter. Endlich: ein Käfer. 

Kurz hört er die lauten Menschen noch schreien, aber dann kriecht er auch schon unter das Bett — zwischen zwei Holzdielen hinein in den engen Zufluchtsort. Ruhe.

Eine Weile sind sie noch aufgebracht, dann ist alles ruhig. Der Sohn ist außer Haus und seine Welt nimmt langsam Formen an. Das heißt, er kann jetzt gedankenverloren an Holzdielen knabbern und die Holzfasern unter den vielen kleinen Füßchen fühlen. 

Nach einigen Minuten wagt er sich hinaus und krabbelt über den Boden. Unten in der Küche hört er noch die Mutter weinen, doch als sie in seine Richtung blickt, huscht er schnell in eine Ecke, unter die Schränke.

Sie würde sich nur ekeln ihn so zu sehen. Und er ekelte sich davor, dass sie ihn so sah. 

Dort, unter den Schränken, würde er eine aktive Nacht zwischen Brotkrümeln und altem Staub verbringen. Was war das für eine Nacht! Gedankenverloren ging es über den jahrealten Schmutz, der schon lange einmal wieder kräftig umhergewirbelt gehörte; ein Papierflieger lag da, der schon viel zu lange nicht mehr durch Lüfte geglitten war — was war das schön!, darüber vergaß man ganz die Zeit. 

Doch natürlich holte sie einen irgendwann wieder ein. Genauer gesagt, holte einen das Licht, das wieder durch das Küchenfenster drang, zurück ins Leben. Die Gespräche kehrten an den Küchentisch zurück. 

Der Käfer kehrte an den Küchentisch zurück: Er nickte ein und träumte von seinem Leben als junger Mann, das eben ein wenig verschwommen war. So saß er da am Küchentisch. Ein Tag wie der andere zog da an ihm vorbei. 

Dann: ein lautes ‘Nein!’ des Vaters. 

Es erschreckte ihn sehr. 


Er hörte nur noch einen Knall, wie ein Aufprall und dann trugen ihn seine kleinen Käferbeine auch schon endgültig raus aus dem Haus, in dem er sein ganzes bisheriges Käferleben verbracht hatte. Er verschwand. 

Es ging unter der Haustür hindurch und kaum war er aus dem Haus heraus, war der Vater ganz ruhig und die Mutter hörte man kaum noch durch die dicke Haustür hindurch. 

Hier, draußen, überfiel ihn nun ein unglaublicher Hunger; ein unglaublicher, viel zu lange aufgeschobener Appetit auf Vergammeltes, Altes, Schlechtgewordenes, Unvorsichtiges — so ein Appetit, dass sich die vielen Beine wie von alleine auf den Weg machten und ihn rücksichtslos hinforttrugen. Mal ging es nach links, dann wieder nach rechts. Ruhlos ging es entlang einer Stufe, durch den viel neueren Staub und Dreck hier draußen vor dem Haus — sogar über einen Stift ging es da. Man stoppte kurz. Dann ging es auch schon weiter. 

Schließlich übermannte es ihn komplett und er machte sich auf den Weg: schnurstracks nach links, nach links, nach links; vergaß sich darüber komplett. 

Kein Licht drang mehr zu ihm hinein, er blieb in der Dunkelheit. 

Endlich in der Dunkelheit, ging das Leben auch weiter; lebten seine Eltern, seine Kommilitonen auch weiter, nahm alles weiter seinen Lauf… Tag um Tag… er: Käfer. 


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Nur kurz zurück in eine sorglose Zeit, auf eine grüne Wiese, auf die man sich fallen lassen kann, ohne, dass viel geschieht. Natürlich war auch diese Zeit nie sorglos gewesen, doch die Erinnerung war es. Das warme Gefühl, an einem warmen Tag, die perfekte Begegnung und dann die Trauer, als einen die Gewissheit überkommt, dass sie, wie so viele, ohnehin nicht daran zurückdenkt, weil niemand sich erinnert… doch heute nicht mehr… nach so vielen Jahren. 


Ja, in der Erinnerung war es perfekt, da war alles weich und warm. Und da war es kein Problem, dass es nie Zukunft gehabt hatte. Da waren nur Fäden, die sich noch immer durch das Leben zogen, in denen man sich ab und an verhedderte, ohne, dass sie wirklich eine ernste Bedrohung darstellten… oder? 

Nun… wie auch immer. 

Heute war hier keine grüne Wiese. Heute waren die Bäume ohne Blätter und alles blieb auch im Licht der Straßenlaternen noch grau. 

Selbst ihr Licht spendete nur ein blasses, kraftloses Gelb, das vor den grauen Hügeln und den Lichtern der Stadt im Hintergrund ein so passend schummriges Zentrum seines Bildausschnittes bildete. 

Wahrscheinlich war es dieses kleine Bisschen traurige Schönheit, das seine Erinnerung hervorlockte. Immerhin war sie schön und schöne Dinge suchten andere schöne Dinge, ihre schmerzlich vermissten gleichartigen Gegenstücke. 

Klar, dass die graue Szenerie da anziehend auf die Erinnerung wirkte. Die Kälte und die Gefühlsarmut des Anblicks machten wohl auch die warme, weiche Zweisamkeit nur umso verlockender — die naive, jugendliche Liebe, die da in der Erinnerung wohnte. 

… Klar, kehrte da die weiche, grüne Wiese, der spielerische Tanz, der Spielplatz, die rosa Blüten und die Frage des Mannes: “Darf ich euch fotografieren?” zurück. 

Kurz fühlt es sich gut an, kurz wird sein Herz wieder leicht… Dankbarkeit — oh, was wollte sich die Erinnerung zu dieser grauen Schönheit gesellen — wie gern hätte auch er die beiden zusammen gesehen. 

Aber dann kam es, wie es kommen musste: Die naive Erinnerung prallt an der harten Innenseite des Kopfes ab, bekommt den altbekannten Stoß versetzt: Es ist nicht nur nichts, es hatte auch nie sein können… nein, viel schlimmer… es war gut, dass es nichts geworden war. 

Nein… viel… schlimmer… es war gut, dass es nichts geworden war. 


2

Sie. 

Aufgewachsen war sie in einem kleinen Haus. 

Und der aufmerksame Spaziergänger, der aufmerksame Melanchol kannte das Haus: Es war das einzig gemütliche Haus, auf einem traurigen Spaziergang von … nun… gut zwei Stunden… vielleicht mehr. Viele große, teure Häuser hatte man gesehen: mal saß ein Mann in einer Ecke vor seinem Bildschirm allein in einem viel zu großen Raum; durch viele Fenster leuchteten große Fernseher; viele Räume waren gar mit vollen Bücherregalen ausgestattet und schafften es trotzdem noch immer nicht im Geringsten heimelig zu sein; viele Häuser waren mit teuren Alarmanlagen und modernen Eingangstüren bestückt, schafften es so nicht nur Einbrecher, sondern auch alles Einladende fernzuhalten. 

Jedes einzelne dieser Häuser, Lebensausschnitte und Statussymbole schaffte es, den in sich zurückgezogenen Geher auf ihre ganz eigene Art und Weise aufs Schwerste zu befremden; ja, bei solch Anblicken fremdelt es sich schnell mit dem Fortschritt der letzten… zweihundert… nun vielleicht zweitausend Jahre. 

Das sollte nun besser sein als vor einem Lagerfeuer zu sitzen? 

Ihr Haus aber stand neben einer Araltankstelle in der Schwere-Reiter-Straße und gab dem emotionalen Talfahrtengenießer einen kleinen Funken Hoffnung. 

Ob die große Trennwand auch viel zu nah an der Hauswand stand und zwischen der Rückwand der Araltankstelle und dem kleinen Haus kaum ein Meter lag, schirmte die Trennwand das kleine Haus doch überraschend wirkungsvoll ab: von dem Lärm, dem Licht und der 24–7 Betriebsamkeit der Tankstelle. 

“Kleines” Haus war an dieser Stelle übrigens nicht nur so dahingesagt, um es gemütlich wirken zu lassen. Es war wirklich mehr ein Häuschen als ein Haus; noch nicht einmal wirklich einen zweiten Stock hatte es… mehr eine große Hütte mit Mauern — mitten in der Stadt zwischen ausgewachsenen, großen Häusern — gar Mehrfamilienhäusern. So war nicht viel Platz und der ebenso klein geratene Vorraum war auch… nun, nicht gerade ordentlich… voller Spielzeuge war er: ein Kinderfahrrad, ein (oder mehrere) Hula Hoop Reifen, ein Dreirad, Decken und was sonst noch in diese Kategorie und die Holzregale im Vorraum passte. 

Irgendwann morgens, vermutlich gegen halb neun, war sie aus diesem Haus getreten: kein glänzendes, sondern ein grobgemasertes, fast antikes Piercing im linken Ohr — gekleidet ganz in Schwarz. Dann in den Bus gestiegen.

Sicherlich war er, 1, nicht der erste und nicht der einzige, der sich wünschte ihr zu sagen, wie gut ihr Piercing denn zu dem alten Steinring, der mehr an einen Siegelring erinnerte, an der linken Hand passte; wie gut beides zusammen ihren südamerikanischen… ja: kolumbianischen Wurzeln zu Gesicht stand. 


Nachdem sie aus dem Bus gestiegen war, ging sie meist allein. Trug dabei immer weite, schwarze Klamotten. Im Wesentlichen trug sie immer das Gleiche: Ihre Kleider waren fein, aber viele hatte sie nicht. So sah man sie doch Tag für Tag in den selben schwarzen Klamotten — nun… zumindest wirkte es so. Vielleicht war es aber auch einfach ihr Bild, das man einmal sah und sich dann so in den Kopf brannte, dass man es immer und immer wieder erinnerte — was auch immer sie trug. 

Warum immerzu Schwarz? 


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Heute waren die Bäume schon besonders grau gewesen, oder nicht? Aber irgendwann war es leichter geworden — das Laufen. Das war doch immer so, nicht? Man musste nur lang genug weiterlaufen, dann wurde es leichter; nur lang genug weitermachen, dann spürte man schon fast nichts mehr. 

Langsam drängten die Bewusstseinsströme, die in den Körper kehrende Lebendigkeit und die bekannten Abläufe das so fürchterlich auf einen eindrängende Unterbewusstsein (die Kanalisation, all das Unterdrückte und Ungeliebte) zur Seite. 

Heute war er danach noch eine Weile auf dem Parkettboden gelegen und schon war es geschafft: Wieder ein Morgen war vorüber, wieder ein Morgen war geschafft und was sich das kalte Parkett jetzt gut am Rücken anfühlen konnte. So könnte man Stunden liegen und an die weiße Decke, diese Projektionsfläche für eine bessere Welt, starren. 


‘Hallo, weiße Decke. Ich liebe dich. Dir kann ich es ja sagen: Ich liebe dich. Du kannst alles für mich sein. Du bist gefühlskalt und leer: genau mein Typ.’

Ja, so könnte man noch Stunden liegen und die weiße Decke komplimentieren. Ihr von ihrer Farbpracht und all den schönen Gedanken, die sie barg, berichten; ihre anziehende Kühle preisen; ihr dafür danken, dass sie einem nie — das soll heißen: nur in den ekstatischsten Momenten… also: nie bei Bewusstsein — zeigte, was sie fühlte und, dass sie immer so schön verführerisch abweisend aussah. 

Das könnte man. Aber natürlich tat man es nicht, wo käme man denn da auch hin. Nein, das tat man nicht. Es ging nun unter die Dusche, in die Bibliothek…. wo kämen man denn da hin? Viel zu spät, käme man da auf jeden Fall — wohin… auch immer. 


Unter die Dusche, in die Bibliothek. 

Hier gab es viele Bücher, viel zu sehen — so viele Menschen und alle waren sie… gekleidet; alle taten sie Dinge, den ganzen Tag. Der eine oder andere — ja die eine oder andere schaute sogar ihn an. Und er war doch so neugierig, so neugierig. Bald kannte er sie alle. Die unscheinbare, freundliche Menschin, die so schöne Dinge während des Lernens kritzelte; der CSU-Wähler und oh! da war das Mädchen mit dem Piercing im Ohr und dem Siegelring — bloß nicht zu viel hinsehen. Ruhe bewahren! Konzentrier’ dich! 


… Wie sie alle ihr Leben lebten. 

2

Ja, warum trug sie immerzu Schwarz? Leider konnte sie sich die Frage selbst nicht beantworten. 

Als sie acht Jahre alt war hatten ihre Eltern das kleine Häuschen neben der Araltankstelle gekauft und, ja, es war sehr schön. Es war immer sehr schön gewesen. Sie hatten alles in ihrer Macht stehende getan, um ihr eine wunderschöne Kindheit zu ermöglichen. Sogar viel Liebe hatte sie bekommen. 

Das machte es aber nicht gerade leichter. Nein, das machte es nur umso schwerer: Warum trug sie immerzu Schwarz? 

Sie war nur froh, dass das grade auch so Mode war, sonst würden die Verwandten noch mehr Fragen stellen. So konnte sie es auf ihre Oberflächlichkeit abwälzen: Es war eine Frage der Mode — alles war eine Frage der Mode. Was war wohl zuerst da gewesen: ihre Oberflächlichkeit oder ihre Mode — die Oberflächlichkeit oder die Mode? 

Aber gerade ihrer Oma wegen tat es ihr leid. Zu ihrem letzten Geburtstag, dem 74., hatte sie sich gewünscht, dass sie doch mal ein buntes Kleid tragen würde und so hatte sie sich ein buntes Kleid von einer Freundin geliehen. 

Oma hatte fast geweint. 

Als sie sich mit dem Kleid im Spiegel sah, musste sie an einen Schmetterling denken: 

einfach so der Welt entschwinden:
Ihr seht mich noch in bunten Farben… 
flattern… und dann bin ich weg: 
in schimmernd Wogen geht’s hinab, 
hinfort aus dieser Welt. 

Ein laues Lüftchen, 
ein heißer Wind, 
dann schweb’ ich weg — 
“Was gings’t du fort, 
geliebtes Kind?” 


1

Heute isst er alleine zu Mittag. Er isst nicht immer alleine zu Mittag. Manchmal auch mit einem Freund, mit einer Freundin, aber heute isst er alleine zu Mittag. 

Auch, um in Gedanken jene morgendlichen Einfälle noch einmal durchzugehen: Durfte man einen Abschiedsbrief schreiben? Nur um zu wissen, was darin stünde? Nicht? Doch? Konnte man nicht… ihn zumindest einmal vorbereiten? Sowas hieße doch noch nichts. 

Er wüsste doch schon, wie er ihn anfangen würde: “Es tut mir leid, aber ich konnte meinen Anforderungen leider einfach nicht genügen. Und… ich befürchte… nein… ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass… ja… ich mich enttäuschen werde — und ich sehe es doch schon kommen: Natürlich werde ich mich enttäuschen! Als ob ich jemals… es kann kaum anders kommen. Ich werde immerzu hinter meinen Erwartungen zurückbleiben und bald kommt der Punkt, an dem ich es nicht mehr auf ein Später schieben kann. Jaja, schon bald kommt er — er rückt doch immer näher. Nein… ich kann mir einfach nicht gerecht werden.”

‘Was ein Melodram; was ein eingebildeter Melodram’, denkt er jetzt. ‘Aber recht hat er, der Melodram.’ Lacht bei dem Gedanken und sieht den blattlosen Bäumen beim Sein zu. 

2

‘Gerade war Weihnachten wieder vorüber und es war perfekt gewesen. Danach hatte sie sich in ihr Zimmer zurückgezogen und… hätte weinen können, dass sie es einfach nicht fühlen konnte. Alles war doch so perfekt, warum konnte sie nicht einfach dankbar dafür sein? Was war verkehrt mit ihr?’ Mit diesen Gedanken saß sie im Bus. 

‘Nein, sie war nicht gefühlskalt, aber das mit den Gefühlen war so eine Sache. Die waren bei ihr einfach nicht richtig kalibriert. Alles war so perfekt. Nur sie war defekt — und die Gefühle konnten das einfach nicht verstehen.’, dachte sie auf dem Weg zur Bibliothek. 

Sie hatte zwei jüngere Schwestern, die beide zu ihr aufsahen und deren Spielsachen, den kleinen Vorraum ihres Hauses doch nur noch ein wenig gemütlicher machten. 
Sie räumte ihre Sachen ins Schließfach und ging nach oben. 

Und ja: Sie glaubte mittlerweile manch’ Menschen waren einfach so beschaffen. Sie konnte keine Fehler in ihrer Erziehung erkennen. Es war wie das Weihnachten: alles war wunderschön gewesen, sogar eine gute Erinnerung würde zurückbleiben. Ihre Erziehung war sogar noch ein wenig unperfekter — also noch perfekter gelaufen. 

Es war nur sie, die… die einfach nicht für dieses Leben gemacht war… vielleicht einfach nicht für das Leben schlechthin gemacht war. 

Manchmal wünschte sie sich, sie hätte es schwerer gehabt… eine schwere Kindheit, keine perfekte… dann hätte sie wenigstens einen Grund, so zu sein, wie sie war… dann hätte sie wenigstens einen Grund immerzu Schwarz zu tragen. 

‘Vielleicht hätte ich einen schwere Kindheit aber auch einfach nicht überstanden, wo ich es doch so schon — … Da war wieder dieser Typ, wieder einer von diesen Gaffern, schnell zu Boden sehen, bloß keinen Augenkontakt.’ 

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So ziehen die Wochen und Monate ins Land. Man lernt Menschen kennen, sie verschwinden wieder. Die Bibliothek wird voller… und auch wieder leerer. Menschen werden interessanter… und es legt sich wieder. Frauen bringen einen um die Konzentration, das Strohfeuer in der Brust erlischt. 

Nur ein paar Dinge bleiben gleich: Morgens quält man sich mit Vorwürfen und mittags hat man eben gerne mal seine Ruhe; nicht zuletzt, um über die Vorwürfe nachzudenken. 

So sitzt er auch heute wieder auf seiner Bank. Mittlerweile hatten die Bäume wieder Blätter. Alles war belebter. 

Manchmal wünschte er sich, ein Käfer zu sein. So ein kleines Wesen, das nichts sein musste und nichts sein konnte, dem niemand besondere Beachtung schenkte. 

Er saß auf seiner Bank und sah eben so ein kleines Tierchen, das ganz unscheinbar auf ihn zukrabbelte. Er streckte die Hand aus, legte einen Finger auf die Bank und der kleine Kerl krabbelte auf seinen Finger. Krabbelte vom einen auf den nächsten Finger, auf die andere Hand und wieder zurück auf den ersten Finger. So spielte es sich, so verging die Zeit, so ließ es sich nachdenken. So gingen Gedanken einfach vorüber und… nicht nur Gedanken —ausnahmsweise übersah man sogar glatt, wer sonst so vorüberging. 

‘Nein… viel… schlimmer… es war gut, dass es nichts geworden war.’, rezitierte er einen Gedanken von vor einigen Wochen. 

Aber dann war es auch genug. Er setzte seinen Käfer ab und spazierte noch eine Runde bis es schließlich wieder zurück in die Bibliothek ging. 

Bereits morgen würden sie sich wieder treffen. Und übermorgen und überübermorgen… überüberübermorgen nicht, aber am nächsten Tag schon wieder. 

ENDE

Sicherlich ließe sich an dieser Stelle nun ein ganzer Roman darüber schreiben und was käme nicht alles darin vor: mit Sicherheit ein Buch, “Das Bild der Seele”, mit all den schönen Ausschnitten darin; wichtige Fragen kämen in dem Roman vor, wie zum Beispiel: Warum nicht in mehr Büchern schöne Bilder zu finden sind? 

Ja und es wäre nicht nur, sonder war ja auch noch viel geschehen: Man war Mensch gewesen, man hatte gezeigt “normal” sein zu können — das war von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit — und dann am Ende, war es dann doch das nicht ganz Normale gewesen, das… 


Piercing, Siegelring & Schmetterling

Am Ende sitzt da doch 
ein Junge auf der Bank;
lange sitzt er noch — 
den Käfer auf der Hand. 

Der Käfer war gekommen, 
aus der finst’ren, kühlen Nacht, 
hatte seinem Jungen, 
seine Weisheit mitgebracht. 

Viel Scham, viel Sich Verstecken, 
Abfälle überall; 
Vielem nahm es seinen Schrecken: 
es kommt alles wie es soll. 

Eines Tages, als der Junge, 
wieder saß und ‘merksam lauschte, 
kam ein Schmetterling geflogen —  
vernahm der beiden Laute. 

Was der Käfer da erzählte, 
von seiner Reise in die Nacht — 
und der Schmetterling, der legte 
formvollendet sich ganz sacht
auf… der süßen, jungen Dame
dunkle Haarespracht; 
erzählte ihr vom jungen Manne 
und seines Käfers Reise in die Nacht. 

Die Dame ging vorüber, 
Mal um Mal — ganz sonderbar. 
Und sie schaute auch hinüber — 
mit dem Schmetterling im Haar. 

Und als der Junge eines Tages
sie dann sah, die holde Maid, 
gestand er ihr Gedanken, 
und der Käfer war befreit.
So zogen sie von dannen: 
Käferschmetterling — zu zweit. 


Marco (überall, wo es meine Beiträge gibt.)