Es ändert sich etwas. 

Ich höre jetzt Die Lage der Nation und Fest & Flauschig, zwei neue Podcasts. Außerdem (re-)aktiviere ich meinen Twitter-Account — so soll ich Zugang finden… zu Aktuellem, damit man Gesprächsthemen hat, damit ich weiß, was gedacht wird; eigentlich: was man zu denken hat, wenn man mitreden will; damit man mit mir halt über Dinge reden kann… Dinge, die die Menschen bewegen: Corona Updates, Cancelculture, rechtsextreme Polizist*innen, The Social Dilemma, die neue Netflix Dokumentation, EU-Flüchtlingspolitik, Diverses und Diverse. In sechs Monaten, in zwei Jahren sind das wieder andere Dinge, so gibt es immer was zu tun; ein paar bleiben zudem auf einem bestimmten Thema hängen, gehen dort ins Detail.

Ich aber soll nur zumindest einmal informiert sein; wissen, soll ich, was bewegt. 

Öffentlichkeit, das ist “der Bereich des gesellschaftlichen Lebens, in dem Menschen zusammenkommen, um Probleme zu besprechen, die in politischen Prozessen gelöst werden sollen.” Und bestimmte Probleme werden eben diskutiert, um sie in besagtem politischen Prozess lösen zu können. Deswegen sollte man informiert sein, Argumente kennen: Was sind die Dinge, die gerade diskutiert werden, wie positioniere ich mich da? 

Und um up to date zu bleiben, müssen es auch nicht diese beiden Podcasts sein — irgendwelche halt, nur nicht meine üblichen, nischigen; obwohl das Nischige ja an sich nichts Schlechtes ist, nur… Anknüpfungspunkte… es braucht eben auch ein paar allgemeine Anknüpfungspunkte, ist doch nicht zu viel verlangt, dann kann ich gerne auch meine nischigen Podcasts hören. 


Nein, mit Solowjow kann man bei niemandem punkten und hör mir auf mit biblischen Allegorien, noch nicht einmal Aristoteles’ Tugendlehre sollte man in einer Unterhaltung erwähnen, wenn das nicht explizit gefragt ist. 

Bei Österreichern sollte man stattdessen sowas fragen wie: “Und? Was sagt ihr denn zur Strache-Affäre?” Dann wüsste man Bescheid; würde sogar punkten, weil man das mitbekommen hat. 

Wer sich heutzutage Meinung bildet, empört sich ein wenig süffisant über Menschen, die Rechts- und Linksradikale in einem Atemzug erwähnen und so positioniert er sich… pflichtbewusst ein wenig links — “Bentolinks, […] Mit-Gender-und-Ethnokitsch-billig-angestrichen-Links”, macht mein Kopf… unbewusst… da kann ich nichts machen. Ich rüge ihn trotzdem: “Wir lernen doch, die Welt entwickelt sich, da wird das schon richtig so sein.” 

Man hat eine Meinung, die man gut (und gerne auch proaktiv) am Essenstisch, mit denjenigen, die sich heutzutage Meinung bilden, vertreten kann. So denkt man nicht nur, was man denken soll, sondern weiß vor allem auch endlich einmal, was man eigentlich denkt. Das ist wichtig. Auch in Sachen Männlichkeit. 

Der Essenstisch… ja, der Essenstisch. Noch immer halte ich es nicht allzu lange am Essenstisch aus. Ich stehe auf und gehe raus. Draußen ist es ein wenig neblig, einige Bergdohlen fliegen durch den Nebel. Mir gefällt das Bild.


Ich hatte mir das alles anders vorgestellt. Ich dachte, ich müsste herausfinden, was etwas zu erleben für mich bedeutet, um mich dann dorthin zu manövrieren; müsste herausfinden, was fehlt. Und jetzt war es nur ein wenig der richtigen Meinung, ein paar der richtigen Informationen und schon sollte sich etwas verändern.

Was hatte ich nicht alles geplant zu verändern, zu bedenken? 


Ein paar Tage später: Vor mir liegt noch immer Solowjow. Außerdem sitzt da ein Mädchen, sie trägt keinen BH, manchmal summt, manchmal wimmert sie, sie liest Das Böse als Vollzug menschlicher Freiheit und ich denke: Man muss sich halt einfach alle paar Monate sorgfältig ausgewählte Klamotten kaufen, gut zu vertretende Meinung zu aktuellen Themen haben, so funktioniert das einfach, ist doch nicht so schwer.  

UTOPIA von Tom Clark in einer Ausstellung in Moskau.

Tbc.

Marco 


Eigentlich ist dieser Beitrag ein dritter Teil. 
Der erste Teil dazu ist hier auf Medium und hier auf meinem Blog. 
Den zweiten Teil habe ich nur auf meinen Blog veröffentlicht, weil ich dachte, dass er nicht besonders gelungen ist — jetzt passt aber gerade das Ende des zweiten Teils hier gut rein, finde ich. Deswegen hier auch dazu der Link. 

Hier geht es weiter – unter anderem versuche ich zu erklären, was das Gedicht (Utopia) am Ende des Beitrags soll:

Ein bisschen ist das auch eine Erklärung, warum am Ende Tom Clarks Utopia steht – eine Erklärung des Gefühls.