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Wie kann man ein ästhetisches Leben bejahen?

Diese Frage begleitet mich von klein auf. Sie treibt mich vor sich her. Und ich fürchte den Tag, da sie mich einholt: auf dem Sterbebett – und dann werfe ich alles von mir. Meinen Lebtag lang baute ich an einem ethischen Leben, an meinem ethischen Leben – und dann steht sie vor mir: lacht mir ins Gesicht, mich aus.  

Ja, in mir lebt ein Ästhetiker und er gewinnt an Kraft. Und mir … mir fehlt die Überzeugung. Warum ist da diese ständige Ungewissheit? Und sie nimmt zu!

Als ich zum ersten Mal B las, da war klar: B … das ist das Leben, wie es gelebt werden soll, nicht wahr?

Das soll mein Leben sein.

Aber dann … immer wieder zieht es mir den ethischen Boden unter den Füßen weg. Ich blicke in den Abgrund, meinen Abgrund – und wen sehe ich da?: A – A, den Ästhetiker – er lauert, wartet bereits. Und was ich mir in naiver, lebensweltlicher Einstellung erträume, gelingt ihm spielerisch. Er geht auf. Er geht auf in seinem Springen: von Stern zu Stern, von Frau zu Frau, von Wort zu Wort; trägt die Sterne, ja den ganzen Sternenhimmel in seinen Augen.

Und noch nicht mal meine eigene Ehefrau kann ihm widerstehen. Wo ist also das Problem? Ich kann es nicht bejahen, ich darf es nicht bejahen, aber der Widerstand schwindet. Schwindet er? „Nein!“, gebietet B in mir. Und da lacht es auch schon wieder siegesgewiss aus dem Abgrund, ein Hauch steigt auf: veni, vidi, vici!

Jedes Jahr werde ich jünger und jünger, bis ich 14, 13, 12 bin – ein Lebemann. Ich werfe alles von mir. Und niemand kann es mir vorwerfen. Wer will es mir vorwerfen? Ich bin ja schon fast wieder ein Kind. Es ist zu spät.


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Literaturverzeichnis