Jetzt nehme ich vielleicht doch noch etwas aus Camus mit: dass man sich die Welt aus jedem tiefen Gefühl erschließen kann. Was sind tiefe Gefühle, was sind weniger tiefe Gefühle? Was bin ich schon wieder auf der Suche nach einem Kriterium, um diese von jenen zu unterscheiden?

“Das oberflächlichste Gefühl, das man empfinden kann, ist Lust. Was das tiefste ist, weiß ich nicht.”, schrieb ich vor Kurzem. Kurz befürchte ich, dass man sich auch aus diesem, dem oberflächlichsten aller Gefühle, die Welt erschließen kann. Schnell verwerfe ich den Gedanken.

Dass man sich die Welt aus jedem tiefen Gefühl erschließen kann also — da scheint mir etwas dran zu sein.

Tiefe Gefühle … die erste Person, die ich nach ihrem tiefsten Gefühl frage, antwortet mir: Melancholie — wie es auch mein erster Gedanke ist. Die zweite Person antwortet: Verzweiflung — sich qua Verzweiflung die Welt zu erschließen … das ist wohl kein Erhellen der Welt um einen herum. Das ist auch ihr bewusst.

Sie war nicht immer so verzweifelt, meint sie. Es gab eine Zeit, da hatte sie einen Sinn, jetzt ist da keiner. Und so lebt es sich sicherlich nicht besser. Ich antworte etwas; schließe aus ihren Worten: “Die Weltanschauung ist also nicht festgesetzt.” Man kann tiefe Gefühle entdecken, man kann Weltanschauungen, wie das Unvernünftige, das der Vernunft, die alles unter eine Ordnung bringen will, ihren Anstoß gibt, entdecken. Sie ist also nicht festgesetzt. Es muss nicht Verzweiflung sein, muss nicht das Absurde sein. Darüber denke ich nach.

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Ich mag die Weltanschauung, wie sie sich aus der Melancholie speist: Manchmal sind da viele Nadelbäume, dann ist der Wald dunkel. Dann sind da aber auch wieder Eichen- und Buchenwälder, bald kommen einige Birken, eine Lichtung: Es hat viel geregnet in letzter Zeit, da ist das Grün am intensivsten.

Marco